Hoffnung und Heilung: MOs bewegende Geschichte von Syrien nach Deutschland

Das wichtigste auf einen Blick:

Inhaltsverzeichnis

Neue Heimat, neues Leben:
MOs Flucht aus Syrien und Neuanfang in Deutschland

Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni erinnern wir an die Menschen die gezwungen wurden durch Krieg und politische Verfolgung Ihre Heimatländer zu verlassen. Diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft und doch wird zu wenig über Ihre Geschichte gesprochen.

Heute möchten wir die Reise von Mo teilen. Trotz schwierigster Umstände floh er aus dem Kriegsgebiet in Syrien nach Deutschland und begann hier ein neues Leben. Erfahren Sie mehr über seine Herausforderungen, seine Motivation und seinen Neuanfang bei medical Wundmanagement. 

 

Hey Momo, magst du dich bitte einmal vorstellen?

Hallo, ich heiße Muayyad Alasmi, meine Kollegen und Kolleginnen nennen mich Mo. Ich komme ursprünglich aus einem arabischen Land. Mein arabischer Name ist ein bisschen schwer auszusprechen – Muayyad können nicht alle sagen, aber es freut mich, dass die Kollegen mich Mo nennen. Mo ist international und manche nennen mich auch Momo – das gefällt mir wirklich sehr. Ursprünglich komme ich aus Syrien und in Deutschland bin ich seit ungefähr 2016 – also ca. seit 8 Jahren hier.

Was ist denn deine Tätigkeit beim medical Wundmanagement?

Ich bin Wundmanager im Raum Köln und Umgebung in Nordrhein-Westfalen. Ich arbeite im Außendienst, kümmere mich um die Wundversorgung und Therapieplanung als Wundmanager.

Heute ist der Weltflüchtlingstag ein besonderer Anlass, um über deine eigene Flucht nach Deutschland zu sprechen. Was waren die Umstände, die dich zu der Flucht geführt haben?

Ja, in Syrien begann der Krieg 2011 und ich war in Syrien. Ich habe Pflegewissenschaft in Syrien studiert und 2010 abgeschlossen. Ich habe ein Jahr lang im Krankenhaus in der Ambulanz gearbeitet und danach war ich in der Hauptstadt als Lehrer für medizinische Ausbildung tätig. Als der Krieg 2011 begann, war ich außerhalb meiner Stadt tätig, hatte dort eine Wohnung und begann, mein Leben aufzubauen. Doch die Situation wurde immer schlimmer. Ich konnte nicht mehr in meinem Beruf in der Hauptstadt bleiben, also kehrte ich nach einem Jahr zurück. Es gab keinen Weg mehr zur Schule und zur Arbeit – kein Internet, kein Strom.

Dann bin ich wieder in meine Heimatstadt zurückgekehrt und habe dort ehrenamtlich mit Kollegen gearbeitet, die ebenfalls im medizinischen Beruf tätig sind. Der Konflikt wurde immer schlimmer und es gab täglich viele Verletzte. Meistens waren die Krankenhäuser außer Betrieb. Deswegen mussten wir provisorische Krankenhäuser aufbauen, oft in Kellern, und Materialien von Apotheken oder anderen Quellen besorgen, die uns halfen.

Ich war dort ungefähr zwei Jahre in Syrien und am Ende wurde die Situation noch schlimmer. Wir konnten nicht in unserer Stadt bleiben, da sie komplett zerstört war. Nur die medizinische Hilfe und wenige Leute blieben dort. Die Stadt war fast leer, nur die kämpfenden Parteien blieben. Wir mussten die Stadt verlassen und ich ging mit meiner Familie – meiner Frau und meinem kleinen Kind, das ein Jahr alt war – nach Jordanien.

Wir dachten, wir würden nur ein oder zwei Monate bleiben, bis sich die Situation verbessert und dann zurückkehren. Jetzt sind schon zwölf Jahre vergangen. Als wir die Heimat verließen, dachten wir nicht, dass es für immer sein würde. Leider wurde die Situation immer schlimmer.

In Jordanien habe ich ebenfalls mit Flüchtlingen gearbeitet, meist in medizinischen Berufen. Ich arbeitete in einer Flüchtlingsklinik, die wir aufgebaut hatten. Auch dort arbeitete ich in einer privaten Pflegeeinrichtung in Amman, der Hauptstadt von Jordanien. Diese Einrichtung wurde auch durch Hilfsprojekte unterstützt. Doch nach zweieinhalb Jahren konnten wir dort nicht mehr arbeiten, da wir keine Arbeitsgenehmigung erhielten. Die Arbeit war oft schwarz und illegal, was auf Dauer keine Sicherheit bot.

Ein Freund, der bereits in Deutschland war, ermutigte mich, nach Deutschland zu kommen. Er sagte, dass meine Qualifikationen hier anerkannt würden und der Beruf sehr gefragt sei. 2016 kam ich schließlich nach Deutschland.

 

Gab es Schwierigkeiten, deine Qualifikationen in Deutschland anerkennen zu lassen?

Ja, die größte Herausforderung war die Sprachbarriere. Ich konnte kein Deutsch und musste die Sprache erst lernen. Dank der Unterstützung durch Deutsch- und Integrationskurse konnte ich meine Qualifikationen anerkennen lassen. Es dauerte sieben bis acht Monate, bis meine Zeugnisse anerkannt wurden und ich die Prüfungen bestand. Danach begann ich sofort zu arbeiten. Der Beruf ist sehr gefragt, und ich fand schnell mehrere Stellen.

Würdest du sagen, dass deine Fluchtgeschichte deine berufliche Laufbahn und Entscheidung im Wundmanagement beeinflusst hat?

Ja, das würde ich sagen. Vor dem Krieg hatte ich nicht in der chirurgischen Abteilung gearbeitet, aber durch den Krieg und die vielen Verletzten musste ich mich mit Wunden beschäftigen. Diese Wunden waren oft infiziert und schwer zu behandeln, anders als die sterilen Operationswunden, die wir heute behandeln. Während des Krieges habe ich viel über Wunden und Heilungsprozesse gelernt. Diese Erfahrungen haben mein Interesse an der Wundversorgung geweckt. In Deutschland entdeckte ich, dass es spezialisierte Firmen und Einrichtungen für Wundversorgung gibt, was mein Interesse weiter verstärkte.

Hast du weitere Pläne und Hoffnungen für die Zukunft? Möchtest du in Deutschland bleiben oder zurückkehren, wenn sich die Situation in Syrien verbessert?

Meine Philosophie hat sich durch die massiven Veränderungen in meinem Leben geändert. Ich glaube, dass Heimat dort ist, wo man Sicherheit, einen Job und eine gute Ausbildung hat. Für mich spielt es keine Rolle, in welchem Land ich lebe, solange meine Familie sicher ist und wir ein gutes Leben führen können. Meine Kinder kennen nur Deutschland und sprechen Deutsch. Vielleicht würde ich Syrien besuchen, wenn die Situation sich verbessert, aber ich weiß nicht, ob ich zurückkehren würde. Für meine Kinder ist Deutschland die Heimat, und ich bin glücklich, dass wir hier ein neues Leben aufbauen konnten.

Was war dein Lebensmotto, das dir geholfen hat, die Herausforderungen zu überwinden?

Die größte Motivation war mein Sohn, der erst ein Jahr alt war. Die schrecklichen Erlebnisse des Krieges und die Bombenangriffe waren unerträglich. Mein Sohn hatte Angst und zitterte ohne Grund. Ich wollte ihm ein sicheres Leben bieten, fernab von Krieg und Zerstörung. Diese Verantwortung trieb mich an.

Welchen Rat würdest du anderen Flüchtlingen geben, die ähnliche Herausforderungen erlebt haben?

Ich würde ihnen raten, weiterzumachen und die Hoffnung nicht zu verlieren. Sprache ist der Schlüssel zu allem. Man muss die Sprache lernen, um sich zu integrieren und neue Chancen zu nutzen. Die deutsche Gesellschaft und die vielen Ehrenamtlichen haben uns sehr geholfen. Es ist wichtig, diese Unterstützung anzunehmen und weiterzumachen.

Wie bist du nach Deutschland gekommen?

Ich kam mit einem Visum in die Türkei, durfte dort aber nur fünf Tage bleiben. Dann fuhr ich mit einem Schlauchboot nach Griechenland. Mein Ziel war immer Deutschland, da ich wusste, dass meine Qualifikationen hier anerkannt werden und der Beruf sehr gefragt ist. Ich kam zu Fuß durch mehrere Länder nach Deutschland.

Gibt es etwas, das du dir von Deutschland wünschst, um Flüchtlinge besser zu unterstützen?

Deutschland hat schon viel getan, aber es wäre hilfreich, den Prozess der Anerkennung und Integration zu beschleunigen. Mehr Unterstützung bei der Bürokratie und schnellere Anerkennung der Aufenthaltsgenehmigungen wären sehr hilfreich. Flüchtlinge bringen oft gute Qualifikationen mit und wollen sich integrieren und der Gesellschaft etwas zurückgeben. Mehr Unterstützung würde diesen Prozess erleichtern.

Abschließende Gedanken

Am Weltflüchtlingstag sollten wir daran denken, dass niemand seine Heimat freiwillig verlässt. Die Erfahrungen, die wir machen mussten, sind schrecklich und traumatisch. Ich hoffe, dass sich die politische Situation weltweit verbessert und solche Fluchten nicht mehr notwendig sind. Wir müssen als globale Gemeinschaft zusammenarbeiten, um Frieden und Stabilität zu fördern.